8
Sie sehen anders aus«, konstatierte Frank am nächsten Morgen in anklagendem Ton, als sie in Mrs Carrs Küche standen.
»Inwiefern?«, fragte sie schuldbewusst. »Ich weiß nicht. Einfach ... anders.«
»Wahrscheinlich, weil ich ein Kleid von Mrs Carr anhabe.« Ihre eigenen Sachen hatte sie in Mrs Carrs Waschmaschine stecken müssen. Wenn sie sie nachher draußen auf die Leine hängte, wären sie trocken, bis sie heute Nachmittag nach Dublin zurückmüsste. Als Übergangslösung hatte sie sich für ein rotes Mantelkleid aus Mrs Carrs Kleiderschrank entschieden, das dem Schnitt nach aus ihrer Jugend stammen musste.
»Wo ist Adam?«, erkundigte sich Frank.
»Im Bett.«
In seinem eigenen, wohlgemerkt. Er hatte sich nicht gewaltsam Zutritt zu ihrem verschafft. Vielleicht hatte sie ihn falsch verstanden. Sie hatte stundenlang nackt dagelegen, mit extra gründlich geputzten Zähnen und dekorativ auf dem Kissen ausgebreiteten Haaren, und sogar einen Text entworfen, dass sie nichts tun sollten, was sie später vielleicht bereuten. Als sie die Warterei nicht mehr aushielt, war sie ins Bad gegangen und hatte so viel Lärm gemacht (für den Fall, dass er tief schlief), dass sie einen Bewusstlosen damit aufgeweckt hätte.
Trotzdem kam er nicht. War es möglich, dass jetzt er sich zierte?
»Können Sie mir eine Tasse Mehl borgen?«, fragte Frank.
»Wie bitte?«
»Ich will Brot backen. Sandy sagt, der Duft von frischem Brot sei sehr motivierend. Für später, wenn Sie Tom und Charlie das Haus zeigen, wissen Sie.«
»Sandy hat früher in der Immobilienbranche gearbeitet, stimmt‘s?«, sagte Grace.
»Was?«
»Na ja - sie scheint eine Expertin zu sein, was den Verkauf von Häusern angeht.«
Frank spürte Kritik. »Sie interessiert sich eben dafür, wie es für mich läuft. Das ist doch ganz normal, wenn sie mich heiraten will. Und das will sie wirklich.«
Grace zog die Krallen ein. »Natürlich. Und wie geht es mit den Vorbereitungen für den großen Tag voran?«
»Sie kann sich für kein Kleid entscheiden.« Frank seufzte, doch es war ihm anzusehen, dass er sich freute. »Sie ist hin-und hergerissen zwischen einem elfenbeinfarbenen Grace-Kelly-Korsagenmodell und dem Little-Bo-Peep-Stil, zu dem übrigens ein Hirtenstab gehört.«
»Und was ist mit Schafen?«
»Wie bitte?«
»Vergessen Sie‘s. Haben Sie schon ein Datum festgesetzt?«
»Ich fände Oktober gut, aber Sandy meint, dann sei das Wetter zu schlecht, und ich verstehe sie. Wenn sie so viel Geld für das Hochzeitskleid ausgibt, möchte sie natürlich nicht, dass es nass wird.«
»Selbstverständlich nicht.«
»Sie mögen Sandy nicht besonders, oder?«, sagte Frank.
»Ich kenne Sandy doch gar nicht.«
»Genau. Sie kennen sie nicht. Also ersparen Sie mir bitte jegliche Andeutungen.«
»Ich hoffe nur, dass sie ebenso viel Gefühl in Ihre Beziehung investiert wie Sie.«
»Wissen Sie, wie oft sie mir letzte Nacht gemailt hat?«
»Frank ...«
»Wissen Sie es?«
»Natürlich nicht.«
»Elfmal! Und das letzte Mal nur, weil sich ein Nachtfalter mit wunderschönen seidigen Flügeln in ihr Schlafzimmer verirrt hatte und sie mich bitten wollte, in meinen Büchern nachzuschauen, was für einer es war, und als ich zurückmailte, saß sie im Dunkeln, weil sie alle Lampen ausgemacht hatte, damit der Falter sich nicht verbrannte. So ein Mensch ist sie - der anständigste, ehrenhafteste, liebste, großzügigste Mensch, den ich in meinem ganzen Leben kennen gelernt habe.«
»Aber Sie haben sie nicht kennen gelernt, Frank! Nicht wirklich. Das waren Ihre eigenen Worte.«
Franks rotes Gesicht wurde noch röter. »Ich wusste, dass Sie wieder damit kommen würden.«
»Haben Sie sie auf das Geschirrtuch angesprochen?«
»Allerdings.« Er schaute sie triumphierend an. »Sie hat an dem Tag am Strand ein Grillfest für ihre behinderten Kinder veranstaltet, weil einige von ihnen nicht genug zu essen bekommen, und das Fleisch aus ihrer eigenen Tasche bezahlt, und stand drei Stunden in Hitze und Fettdunst am Grill, während alle anderen sich im Wasser vergnügten.«
»Oh. Ich ...« Grace brach beschämt ab. »
Und dann verbrannte sie sich die Hand, sagte aber nichts, sondern legte nur ein Geschirrtuch darüber und lächelte für das Foto, das der kleine Tommy machte. Er ist übrigens querschnittsgelähmt.«
»Es tut mir Leid.« Grace wäre am liebsten im Boden versunken. »Sie ist ein leuchtendes Beispiel für uns alle.«
»Ich werde ihr nichts von Ihren Bedenken erzählen«, sagte Frank. »Nicht, wo sie so erschöpft ist.«
»War sie denn schon beim Arzt?«, erkundigte sich Grace betont besorgt, um ihr Misstrauen wettzumachen. »Sie hat sich inzwischen zumindest einen Termin geben lassen. Unter uns gesagt, ich glaube, dass sie zu wenig Eisen im Blut hat. Sie isst kein Fleisch, wissen Sie. Sie findet, dass Tiere das gleiche Recht auf Leben haben wie wir. Sogar Ratten! In ihrem Herzen ist für alle Platz!« Sein Blick war wieder träumerisch-entrückt.
»Eine unglaubliche Frau«, murmelte Grace. »Gibt es etwas Neues von ihrer Schwester?«
»Sandy hofft, dass es ihr gelungen ist, sie dazu zu überreden, mit ihrem Mann zur Eheberatung zu gehen, und so hoffe ich, meinen Flug bald buchen zu können.«
»Das ist ja großartig«, freute Grace sich überschwänglich. »Ich wette, Sie können es kaum noch erwarten, einander in die Arme zu sinken.«
Frank schaute sie verlegen an. »Ah ... wir ...«
»Oder möchte Sandy vielleicht warten, bis Sie verheiratet sind?« Das sähe der scheinheiligen Person ähnlich.
»Ich ... ich habe sie noch nicht gefragt.«
Angesichts seiner Verschämtheit kam Grace sich richtig gemein vor. »Bitte nehmen Sie mir meine Indiskretion nicht übel, Frank - das geht mich ja nun wirklich nichts an.« Doch als er mit seiner Tasse Mehl abzog, wirkte er recht nachdenklich. Grace trat mit ihrem Teebecher ans Fenster und schaute auf den Rasen hinaus. Da blitzte etwas in dem Grün: Adam hatte gestern Abend sein Weinglas draußen vergessen. Damit stand es fest: Sie hatte sich das Ganze nicht nur eingebildet. Was für eine Beruhigung - nun ja, gewissermaßen, zumindest. Er hatte sie wirklich geküsst. Er hatte ihr wirklich gesagt, sie sei erstaunlich. Es war kein anstößiger Tagtraum, den sie sich aus den Zutaten: Risotto, Peggy Sue und Pensionsgast zusammengerührt hatte.
»Wieso bist du so gut gelaunt?«, wollte Natalie wissen, als sie Grace ein paar Minuten später auf dem Handy anrief.
»Weil ich fürsorglich und lustig und liebenswürdig bin«, antwortete Grace vergnügt. Adam hatte es gesagt: Sie erinnerte sich an jedes Wort.
»Du hast es also auch!«, rief Natalie.
»Was?«
»Das Buch.«
»Welches Buch?«
»Lernen Sie Ihr wahres Ich lieben. Lisa hat im Büro in den höchsten Tönen davon geschwärmt.« Lisa war ein Selbsthilfejunkie.
»Nein. Ein Mann hat das zu mir gesagt«, konnte Grace nicht widerstehen zu prahlen.
Natalie schnappte hörbar nach Luft. »Ein echter Mann?«
»Ein ausgesprochen echter«, bestätigte Grace. Sie sah im Geist Adams nackten Oberkörper vor sich. Bestimmt fühlte seine Haut sich so weich an wie ein Babypopo.
»Wer, um Himmels willen?«, keuchte Natalie. »Doch nicht etwa Adam?«
Grace stieß ein so gekonnt ungläubiges kleines Lachen aus, dass sie sich beinahe selbst überzeugte. »Wohl kaum.«
»Wer dann?«
»Jemand.« Sie hatte nicht bedacht, wie hartnäckig Natalie sein konnte, und begann zu bereuen, nicht den Mund gehalten zu haben.
»Was hat er noch gesagt?«, fragte Natalie aufgeregt.
»Dass ich schön sei.«
Ein Glucksen kam durch den Äther. »Schön!«, echote Natalie und fuhr hastig fort: »Ich meine, natürlich bist du attraktiv, und du hast deine Figur nach den Zwillingen wieder sehr gut hingekriegt...«
»Aber ich bin nicht schön?« Natalie bemühte sich verzweifelt um Freundlichkeit.
»Doch! Du siehst toll aus! Ich meinte ja nur, dass es ziemlich schwülstig klingt, so was zu sagen.«
»Ja - und ich find‘s herrlich«, erwiderte Grace fröhlich. Sie war nicht bereit, sich die Freude verderben zu lassen. Wobei die Behauptung, sie sei schön, ihr nicht das Wichtigste war (sie wusste, dass sie nicht schön war, aber das waren die meisten Menschen nicht). Nein, das kostbarste Kompliment, das sie sich dann auch immer und immer wieder im Stillen vorsagte, war Adams Bemerkung, dass sie anders sei als alle Frauen, die er kannte.
Er hielt sie für ungewöhnlich. Für etwas Besonderes. Sogar für einmalig. Und sie hatte dafür nicht einmal mit ihrem Gewehr-Abenteuer prahlen oder schlechte Witze zum Besten geben müssen, die sie im Radio gehört hatte. Er hatte sich nicht von der Grace Tynan zum Narren halten lassen, wie sie sich der Öffentlichkeit präsentierte. Er hatte etwas in ihr gesehen, was schon lange niemand mehr in ihr gesehen hatte - nicht einmal sie selbst. Und ihm gefiel, was er sah zumindest gut genug, um den Versuch zu machen, sie da draußen auf dem Rasen zu verführen. Jetzt lag er oben in seinem Bett.
›»Ich könnte mir tatsächlich vorstellen, eine Dummheit zu machen«, platzte sie heraus.
»Eine wie dumme Dummheit?«, hakte Natalie fasziniert ein.
»Ich weiß nicht.« Wenn er heute früh in ihr Zimmer gekommen wäre, würde sie dieses Gespräch jetzt vielleicht gar nicht führen. Vielleicht wäre die Dummheit noch in vollem Gange.
Natalie ließ nicht locker. »Auf einer Skala von eins bis zehn?«
»Eine Neun.«
»Eine Neun!« Natalie klang schockiert. »Ich habe es nur bis zu einer Sieben gebracht. Als ich damals auf der Party mein Top auszog, weißt du noch?«
»Das war eine Sieben? Dann ist meine eine Zwölf«, korrigierte sich Grace.
»Hol mich der Teufel«, flüsterte Natalie heiser.
»Ich weiß. Was tue ich jetzt nur?«
»Wie soll ich dir das beantworten? Dazu müsstest du mir verraten, was für eine Dummheit es ist.«
»Das kann ich nicht, Natalie.«
Nach einem gedankenschweren Schweigen sagte Natalie in todernstem Ton: »Wenn diese Dummheit mit dem Mann zusammenhängt, der dir erzählt hat, du seist schön, dann kann ich dir nur nachdrücklich davon abraten, Grace.«
»Das dachte ich mir schon.« Es war ohnehin eine Diskussion um Kaisers Bart. Schließlich hatte Adam nicht ihr Zimmer gestürmt und versucht, mit ihr Liebe zu machen. Nicht, dass Liebe etwas damit zu tun gehabt hätte. Eher mit Sex. Und der wäre ohne Gefühl und billig gewesen (zumindest moralisch gesehen. In jeder anderen Hinsicht hätte sie ihn unendlich aufregend gefunden). Nein, es war gut, dass die Sache rechtzeitig geendet hatte. So konnte sie seine Worte den ganzen Tag genießen - sogar für den Rest ihres Lebens, wenn ihr danach war -, ohne sich etwas vorwerfen zu müssen. Nun, wenigstens nichts Ernstes.
»Du bist verheiratet, Grace!«, endete Natalie, und sie tat es in einem Ton, als verkünde sie im Auftrag der Regierung eine Seuchenwarnung.
»Du auch«, gab Grace zurück und setzte spitz hinzu: »Und zu Tode genervt.«
Sie legte auf, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und mit der Zunge über die Lippen und ging die Treppe hinauf.
»Adam?«, rief sie leise, nachdem auf ihr Klopfen keine Reaktion erfolgt war. »Das Frühstück ist fertig.«
Sollte sie etwas anfügen, nur so nebenher, vielleicht, dass sie schon seit Tagesanbruch auf den Beinen sei? Sie wollte nicht, dass er dächte, dass sie in der Hoffnung auf seinen Besuch ewig im Bett geblieben wäre.
»Adam?«
Er schlief offenbar wie ein Bär. Sie wagte es, die Tür einen Spalt zu öffnen, und hoffte, einen Blick auf seinen ausgestreckt auf den Laken liegenden gebräunten Körper zu erhaschen. Schlief er nackt?
Er schlief überhaupt nicht. Das Bett war leer und ordentlich gemacht. Er hatte sie nicht nur nicht in ihrem Zimmer überfallen - er hatte sogar das Haus verlassen, bevor sie aufgewacht war.
Sie kam sich idiotisch vor. Wie hatte sie diesen kleinen Flirt so ernst nehmen können? Offenbar hatte sie auch den Kuss zu ernst genommen. Wahrscheinlich verführte er in jedem Hafen die Pensionswirtin, nachdem er ihr gesagt hatte, dass sie erstaunlich sei. Und er hatte eine Freundin! (Sie selbst hatte einen Ehemann, was noch schlimmer war, doch es hinderte sie nicht daran, sich gekränkt und benutzt zu fühlen.)
Wo war er hingegangen? Zu einer Verabredung mit dieser Frau namens »Babe«? Grace verspürte den Wunsch, das Weib zu zerstückeln und ihren Kopf im Dampftopf zu kochen.
Der Gedanke an den Dampftopf machte ihren Magen knurren. Kein Wunder - sie war derart auf ihre unerwiderten, romantischen Gefühle konzentriert gewesen, dass sie ihn total vernachlässigt hatte. Wie eine Königin schritt sie hoch erhobenen Hauptes in Mrs Carrs feuerrotem Mantelkleid gemessenen Schrittes die Treppe hinunter, um Frühstück einkaufen zu gehen.
Kurz darauf befand sie sich am Schauplatz eines ihrer Verbrechen: vor der Kühltheke im örtlichen SPAR-Markt. Sie hatte zur Tarnung für alle Fälle ihre dunkle Sonnenbrille auf und war gerade dabei, sich zwischen einer Packung dicker Würste und saftigen Grillschinkenscheiben zu entscheiden, als ihr beim Klang einer Männerstimme ein tödlicher Schreck in die Glieder fuhr. »Grace!« Sie wirbelte herum und stand Sergeant Daly gegenüber. »Ich werde sie bezahlen!«, stieß sie hervor. Aber Sergeant Daly lachte herzlich. »Nur die Unschuldigen sehen schuldig aus, Grace - das habe ich in dreißig Jahren Polizeidienst gelernt.«
Sie wollte ihm nicht sagen, dass die dreißig Jahre in diesem Fall total umsonst gewesen waren, und so stimmte sie in sein Lachen ein.
»Geht es um meine Aussage?« Die hatte sie gestern nach dem Abwaschen und vor dem Aufsetzen des Risottos auf der Wache gemacht. Es war ihre erste Aussage bei der Polizei gewesen und nicht halb so aufregend wie erwartet. Sie hatten sie sogar veranlasst, ihre Formulierungen »pumpte eine Ladung ...« und »das Opfer brach bleich wie Fensterkitt zusammen« zu korrigieren. »Berichten Sie einfach nur die Fakten«, sagten sie. Als das Protokoll schließlich fertig war, las es sich wie ein langweiliger Schulaufsatz.
»Nein, nein, damit ist alles in bester Ordnung«, antwortete er und beugte sich zu ihr vor. »Ich wollte wegen des Hauses mit Ihnen reden.«
Guter Gott! In einer Kleinstadt konnte man nichts geheim halten. »Ich reise heute ab«, beteuerte sie. Konnte er sie wegen unbefugten Betretens oder sogar wegen Einbruchs drankriegen? »Das gilt auch für Adam. Und ich werde die Sache mit Mrs Carr klären. Es war nur eine Verkettung von Umständen.«
Sergeant Daly schaute sie verständnislos an. »Ich spreche von Franks Haus. Sie sollen es nachher doch Tom und Charlie zeigen.«
»Oh! Das ist richtig!«
Er schien über irgendetwas bestürzt zu sein, und so fragte sie: »Ist etwas passiert? Sie sind doch hoffentlich wie geplant aus Birmingham angekommen?«
»Ja.«
»Und Sie haben Charlie kennen gelernt?«
»Ja, das habe ich«, bestätigte er mit unheilvoller Stimme, beugte sich noch weiter vor und sagte leise: »Erinnern Sie sich, dass ich Sie wegen eventueller Umbauten angesprochen habe?«
»Ja. Es ging darum, das Arbeitszimmer in ein Spielzimmer umzuwandeln. Das ist kein Problem. Dazu ist keine Genehmigung des Bauamtes nötig und auch sonst keine.«
»Und wie sieht es in einem radikaleren Fall aus - wenn sie das Haus anderweitig nutzen wollen?«
»Sie meinen als Kinderkrippe, zum Beispiel?« Er warf verstohlen einen Blick über die Schulter und antwortete dann aus dem Mundwinkel: »Als Klub.« Das kam überraschend. »Ah ... was für eine Art Klub? Ich meine ... würde Alkohol ausgeschenkt?« Er nickte grimmig. »Eimerweise.«
»Es ist ein Wohnviertel«, sagte sie. »Ich glaube nicht, dass sich das machen ließe. Aber genau kenne ich mich da nicht aus. Ist das nicht eher Ihr Gebiet?«
»Ich war mir nicht sicher, wissen Sie«, flüsterte er, »und ich wollte das Thema nicht in aller Öffentlichkeit zur Sprache bringen, wo jeder es hören könnte.«
»Ich verstehe.« Grace verspürte das dringende Bedürfnis, einen gewissen Abstand zwischen sich und dem Gesetz zu schaffen, und so sagte sie: »Ich muss los, sonst komme ich noch zu spät zu meiner Verabredung mit Ihrem Tom. Hoffen wir, dass ihnen das Haus gefällt.«
»Mmm«, brummte er ohne Begeisterung. Grace flüchtete aus dem Supermarkt. Sie nahm weder Würste noch Grillschinkenscheiben mit, und inzwischen war ihr regelrecht schwindlig vor Hunger. Als ein Stück die Straße hinauf eine Ladentür geöffnet wurde und der köstliche Duft von heißem Kaffee und klebrigen Biskuittörtchen herauswehte, drängte sie sich an einem gemächlich dahinschlendernden alten Paar vorbei und schlüpfte durch die Tür, bevor sie sich schloss.
Sie trat an die Theke. »Kaffee, bitte«, sagte sie zu einer Bedienung. »Und eines von den Scones.«
Jetzt, da sie gleich etwas zu essen bekäme, konnte sie sich entspannen und umsehen. Das Café war gut besucht, nach den Tüten zu urteilen, hauptsächlich von vormittäglichen Einkaufsbummlern. Auf der Suche nach einem freien Tisch fiel ihr Blick auf ein rotes T-Shirt mit der Aufschrift Rettet die Welt. Der Träger war Adam.
Sie drehte sich hastig wieder zur Theke um und hoffte, dass er sie mit dem roten Kleid und der Sonnenbrille nicht erkennen würde. Sonst dächte er am Ende noch, sie verfolge ihn.
Doch dann ärgerte sie sich über sich. Es war ein freies Land, oder? Sie hatte wie alle das Recht, in einem Café zu frühstücken. Es gab nicht den geringsten Grund für Schuldgefühle.
Also drehte sie sich langsam wieder um. Adam saß an einem Fenstertisch, trank Kaffee und unterhielt sich ernst mit jemandem. Grace war lächerlich erleichtert, dass es kein niedliches, junges Hippie-Geschöpf war, sondern ein junger Mann in abgeschabten Jeans, der mehrere Freundschaftsbänder am Arm trug, obwohl er ganz und gar keinen freundlichen Eindruck machte. Er bewegte beim Sprechen kaum die Lippen.
»Wir haben Möhrencreme als Tagessuppe.«
Grace fuhr zur Theke herum. »Wie bitte?«
Die Bedienung schob ihr ihren Kaffee hin. »Tagessuppe ist heute Möhrencreme.«
»Danke, aber ich glaube nicht...«
Sie wollte nur etwas Süßes, doch die Bedienung schien daran Anstoß zu nehmen. »Sie ist hausgemacht - falls Sie deshalb Bedenken haben. Minnie hat sie heute früh frisch gekocht.«
»Oh! Nun, in dem Fall nehme ich gern eine Portion.« Die Bedienung bedachte sie mit einem Blick, der besagte, dass sie Grace als Touristin identifiziert hatte, und ging die Suppe holen. Grace warf einen Blick über ihre Schulter. Adam und sein Begleiter bekamen gerade Zuwachs: eine mollige, junge Frau mit einem schlampigen Pferdeschwanz. Auch das war nicht »Babe« - das erkannte sie an der Körpersprache, als das Mädchen sich an Adam vorbeidrängte, um zu dem dritten Stuhl zu gelangen. Weit entfernt von jeglicher Vertrautheit oder gar Zärtlichkeit verschaffte sie sich rücksichtslos Platz, sodass Adam zur Seite rücken musste, und Grace bewunderte sie dafür.
»Das Hauptgericht ist heute Irishstew.« Die Bedienung war zurück und schob eine dampfende Suppenschüssel über die Theke. Grace stellte sie auf ihr Tablett.
»Um ehrlich zu sein - ich bin kein Fan von Stew«, gestand sie bedauernd. Sie hatte es schon in ihrer Kindheit nicht gemocht und keines mehr gegessen, seit sie niemand mehr dazu zwingen konnte. Außerdem war es erst elf Uhr.
Die Bedienung antwortete mit einem Wie-Sie-meinen-Achselzucken. »Ich war auch keiner - bis ich Minnies zum ersten Mal probierte.«
»Dann schmeckt es also gut?«
»Gut?«, bellte die Bedienung. »Mögen Sie Fleisch?«
»Ja, schon.«
»Minnie knausert nicht damit. Sie tut richtig große Brocken rein. Irisches Rindfleisch! Und Möhren aus ihrem eigenen Garten! Und Zwiebeln und diese winzigen neuen Kartoffeln. Und die Brühe kocht sie aus den besten Knochen, die sie drüben bei Morrissey‘s extra für sie aufheben. Dann lässt sie das Ganze zwei Tage in einem großen Topf hinten im Hof ziehen, bevor sie es zubereitet.«
Grace hatte den Verdacht, dass das gegen sämtliche Vorschriften des Gesundheitsamtes verstieß, aber trotzdem lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Und sie hatte nicht gefrühstückt!
»Es macht wahrscheinlich unheimlich dick«, vermutete sie kummervoll.
»Tödlich«, bestätigte die Bedienung. »Sie lässt das ganze Fett am Fleisch.«
»Schöpft sie wenigstens das flüssige nach dem Kochen ab?«
»Nein. Sie sagt, das gibt erst den richtigen Geschmack.«
»Ich nehme eine Portion«, beschloss Grace.
»Sie werden es nicht bereuen.«
»Aber keine zu große!«
»Wie wär‘s mit einer mittleren?«
»Wunderbar. Und vielleicht etwas von dem selbst gebackenen Brot.«
»Ich geb Ihnen zwei dicke Scheiben dazu und ein paar Kleckse Butter.«
Die Bedienung nickte zufrieden und ging das Stew holen. Grace schaute sich wieder zu Adams Tisch um. Die drei führten ein sehr intensives Gespräch. Sie steckten die Köpfe so dicht zusammen, dass Adams Dreadlocks das Gesicht des Mädchens streiften. Sie wischte sie weg - richtig brutal! - und sagte etwas, das ihn zu empören schien. Er flüsterte mit wütender Miene zurück, doch sie brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen. Offenbar hatte sie das Sagen. Worum es ging, konnte sie natürlich nicht beurteilen. Saß dort vielleicht eine der Aktivistengruppen beim Kaffee zusammen, die Sergeant Daly so beunruhigten? Lachhaft! Der Mann sah Gespenster.
Die Bedienung brachte das Stew, und Grace stellte die Schüssel voller Vorfreude auf ihr Tablett. Als sie schließlich an die Kasse kam, hatte sie sich auch noch - ohne nennenswerte Gegenwehr - zu einer Portion Apfelstreuselkuchen mit Sahne, einem Glas Apfelsaft und einer Scheibe Bananenbrot überreden lassen, alles heute früh von Minnie der Zauberfee frisch gemacht. Grace versuchte, sie hinten in der Küche zu erspähen, aber es gelang ihr nicht. Wahrscheinlich war sie vor Erschöpfung zusammengebrochen. Unauffällig bewegte sie sich mit dem Rücken zu Adam auf den nächsten freien Tisch zu. Mit etwas Glück würde er sie nicht bemerken, und sie könnte in Ruhe essen und verschwinden. Aber sie hatte nicht bedacht, dass sie noch immer die schwarze Sonnenbrille trug, und die führte nun zu einem unheilvollen Missverständnis. »Hilf der Frau doch mal, Noel - sie ist blind!«
»Nein, nein, ich bin nicht...«
»Sie geht rückwärts, Noel - dreh sie um!« Offenbar war sie auch noch taub und ohne Orientierungssinn.
»Ich komme sehr gut zurecht, danke ...«
Aber Noel hatte einen Auftrag bekommen, und er baute sich vor ihr auf und nahm ihr das Tablett ab.
»Dann wollen wir Ihnen mal einen Platz besorgen«, sagte er.
Bitte, lieber Gott, lass Adam nichts mitkriegen! Ein schneller Blick zeigte ihr, dass die hitzige Diskussion noch im Gang war.
»Ich nehme diesen Tisch«, erklärte sie Noel und deutete auf den freien, den sie im Auge gehabt hatte. Noel ließ sich von ihrer Fähigkeit, trotz ihrer Blindheit einen freien Tisch zu entdecken, nicht irritieren. Er ignorierte ihren Wunsch und steuerte auf das andere Ende des Cafés zu - und auf den freien Tisch direkt neben Adams. »Noel...«, flehte sie.
»Lasst mal die Lady durch, bitte«, kommandierte er. Grace blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen. Ruckartig wurden Beine angezogen und Handtaschen aus dem Weg geräumt, damit sie nicht darüber stolperte. Hastig wurden Stühle an Tische gerückt.
»Danke, vielen Dank«, murmelte sie, und für einen Moment genoss sie die Aufmerksamkeit, doch dann dachte sie schuldbewusst, dass Menschen, die tatsächlich blind waren, sie wahrscheinlich absolut nicht genossen.
»Jetzt komme ich aber wirklich allein zurecht«, sagte sie leise zu ihrem hilfreichen Geist und setzte sich auf den Stuhl, der mit dem Rücken zu Adam stand.
»Okay.« Noel tätschelte ihre Schulter. Er war ein netter Mensch. Es gab überhaupt eine Menge netter Menschen, dachte sie, als Noel mit vor Stolz nicht mehr ganz so gebeugtem Rücken an seinen Tisch zurückkehrte. Grace warf verstohlen einen Blick über die Schulter. Adam saß nur auf Armeslänge von ihr entfernt. Sie würde ihn gern berühren. Je länger sie darüber nachdacht, umso zwanghafter wurde der Wunsch, bis es sie regelrecht in den Fingern juckte, hinüberzulangen und seinen knackigen Po zu befummeln. Sie könnte ja behaupten, sie hätte ihn für einen Milchkrug gehalten. Schließlich hatten alle mitgekriegt, dass sie blind war.
Mit glühenden Wangen wandte sie sich ihrer Mahlzeit zu. Die Suppe war ein Gedicht (Minnie sparte auch mit der Sahne nicht!). Grace verputzte sie in Windeseile. Wenn sie weiter in diesem Tempo äße, hätte sie vielleicht die Chance, unerkannt verschwinden zu können. Dann standen die Leute an dem großen Nebentisch auf und gingen, und plötzlich konnte sie verstehen, worüber Adam und seine Freunde flüsterten.
»Ich werde auf gar keinen Fall gebackene Kartoffeln verkaufen«, erklärte er leise, aber energisch. Interessant, dachte sie.
»Es war ja nur ein Vorschlag«, sagte das Mädchen mit einem Akzent, den Grace als französisch identifizierte. »Wir können unsere Flugblätter jeder Ware beilegen. Was meinst du, Joey?«
Joey sah irgendwie mittelmeerisch aus - doch als er antwortete »Is mir total egal«, tat er das in waschechtem irischen Englisch.
Grace überlegte, ob sie Adam nachher erzählen sollte, dass im Supermarkt ein Schild hing, auf dem Personal gesucht wurde. Sie hatte es bei ihrem ersten Besuch dort bemerkt. Wenn sie da unterkämen, müssten er und seine Freunde nicht in einem Fastfood-Schuppen buckeln, wenn sie knapp bei Kasse wären.
Aber dann sagte Adam: »Du kannst dein Glück ja ruhig mit Kartoffelständen versuchen, Martine. Das wurde letztes Jahr bei Oasis versucht und im Jahr davor bei Robbie Williams - und weißt du was? Die Leute waren viel zu beschäftigt damit, sich den Bauch voll zu schlagen, um sich die Message anzuhören.«
Welche Message? Grace aß einen Löffel Stew. Es schmeckte sensationell.
»Okay, okay, komm wieder runter von deiner Palme«, murmelte Joey, doch es war offensichtlich, auf wessen Seite er stand. »Wir müssen uns was einfallen lassen, und zwar schnellstens. Es sind nur noch knapp vier Wochen.«
»Ich sage, wir müssen einen großen Coup landen«, erklärte Adam. »Irgendwas nicht so Konservatives. Ich bin sicher, Martine teilt meine Meinung. Natürlich nur, wenn du nicht zu sehr darauf konzentriert bist, deine kulinarischen Fähigkeiten zu perfektionieren, Kumpel.« Grace sah bei einem neuerlichen heimlichen Blick über ihre Schulter, dass Martine Adam vernichtend anschaute. Dann griff sie nach seinem Tabak, um sich eine Zigarette zu drehen, doch in ihrer Wut schubste sie ihn über die Tischkante, und er landete neben Graces Stuhl. »Grace?« Adam hatte sich umgedreht. »Mmm? Adam! Hi.« Seinem Ausdruck nach erschreckte ihn ihre Anwesenheit. »Ich wollte nur schnell was essen.« Und damit aß sie äußerlich völlig cool einfach weiter. Am Nebentisch herrschte plötzlich tiefe Stille. Als Grace wieder hinschaute, bedachten Martine und Joey Adam gerade mit einem vorwurfsvollen Blick. Grace schenkte ihnen ihr unbefangenstes Lächeln. »Hallo, ihr da drüben. Ich kann euch das Stew empfehlen. Es ist köstlich!« Jetzt war Adam gezwungen, sie vorzustellen. »Das ist Grace, meine ... äh ... Pensionswirtin - und das sind Martine und Joey«, stellte er ihr seine Begleiter vor. Die beiden musterten sie schweigend. Grace aß noch einen Löffel Stew und schlug unter dem roten Mantelkleid die Beine übereinander. Sie erwog, die Sonnenbrille abzunehmen, entschied sich dann jedoch dagegen.
»Sie sehen nicht aus wie eine Pensionswirtin«, sagte Martine schließlich. Man merkte ihr an, dass sie die ihr hier aufgezwungene Sprache verabscheute.
»Ich fange gerade erst an«, gestand Grace. »Adam ist mein erster Gast. Aber es läuft ganz gut, nicht wahr, Adam?«
Adam machte ein Gesicht, als fürchte er, dass sie im nächsten Moment ausplaudern würde, dass er sie gestern Abend auf dem frisch gemähten Rasen im Garten angebaggert hatte. Sie sah ihn nur viel sagend an, bevor sie sich Martine und Joey zuwandte.
»Ich wusste nicht, dass Adam Freunde in Hackettstown hat.« Sie fand, dass sie ebenfalls eine Erklärung verdiente.
»Wir sind keine Freunde.« Die Französin spuckte die Worte regelrecht aus, und Grace fragte sich gerade, woher das Mädchen die Energie nahm, ständig so aggressiv zu sein, als Martine sich hastig korrigierte: »Na ja, keine Busenfreunde, aber immerhin. Wir wollen gemeinsam zu dem Musikfestival gehen.« Joey zog es vor, sich nicht zu äußern.
»Ich habe die Plakate in der Stadt gesehen. Scheint ein tolles Event zu werden«, plauderte Grace dahin, »aber seid ihr nicht ein bisschen zu früh dran?«
Einen ganzen Monat zu früh, um genau zu sein. Wieder folgte unbehagliches Schweigen. Martine verwünschte Adam wortlos dafür, dass er sich eine so neugierige Wirtin ausgesucht hatte. Joey reinigte mit einem Taschenmesser seine Fingernägel.
»Ich will Verwandte besuchen«, erklärte Martine schließlich. »Und Adam möchte sich die Gegend ansehen.«
»Ach ja?« Grace schaute ihn interessiert an. Adams Blick enthielt ein Flehen, aber sie ließ ihn zappeln. »Das haben Sie gestern Abend beim Essen gar nicht erwähnt.«
»Wirklich nicht?«, quetschte er zwischen den Zähnen hervor.
»Vielleicht haben Sie ihn so gut gefüttert, dass er nicht zum Reden kam«, meinte Joey. »Oder so was in der Art.«
»Vielleicht.« Sie stieß ein kleines Lachen aus.
Martine hatte nicht geschaltet. »Meine Wirtin ist das größte Miststück von ganz Europa«, beschwerte sie sich lautstark. »Ich habe in zwei Tagen keine einzige anständige Mahlzeit bekommen.«
»Vielleicht will sie Strom sparen«, murmelte Grace, die das Gefühl hatte, sich mit ihrer Kollegin solidarisch erklären zu müssen.
»Das will sie ganz bestimmt!«, giftete Martine. »Die Dusche ist mit Timer - nach fünf Minuten wird das Wasser eiskalt!«
»Oh! Das ist aber nicht in Ordnung.« Sparsamkeit war verständlich, aber hier wurde offenbar schiere Gemeinheit geübt. »Vielleicht sollten Sie mal mit ihr reden.«
»Vielleicht«, sagte Martine in zweifelndem Ton. »Ich würde ja ausziehen, aber ich weiß nicht, wo ich dann hinsoll.«
»Vielleicht zu Ihren Verwandten?«, schlug Grace vor. Sie beobachtete, wie Martine diese Möglichkeit kurz in Betracht zog und dann den Kopf schüttelte. »Die leben in einem Wohnwagen.«
»Ja - das tun die meisten Iren«, murmelte Grace.
»Sie haben nicht zufällig was frei in Ihrer Pension?«, fragte Martine.
Adam gefiel offenbar die Richtung nicht, die das Gespräch nahm. »Grace hat nur ein Fremdenzimmer.«
Das stimmte nicht. Es waren drei. Aber es spielte keine Rolle - Grace würde das Haus heute verlassen und Adam ebenfalls. Worauf wollte er also hinaus?
»Ich könnte auf dem Fußboden schlafen«, sagte Martine. »Ich kann doch nachher mit Adam hingehen und mir das Haus ansehen.«
»Das Haus gehört nicht Grace«, wandte Adam ein und warf Grace einen Hilfe suchenden Blick zu. Aus irgendeinem Grund wollte er Martine nicht in der Pension haben.
»Das ist richtig«, bestätigte Grace dem Mädchen. »Die Besitzerin Mrs Carr ist morgen wieder da. Dann können Sie ja bei ihr anrufen, wenn Sie wollen. Die Nummer steht im Telefonbuch. Aber sie kommt aus dem Krankenhaus, und ich bezweifle, dass sie gleich Gäste nehmen wird.« Sie aß einen großen Bissen Apfelstreuselkuchen - göttlich! -, wickelte den Rest und das Bananenbrot in eine Serviette und steckte das Päckchen in die Handtasche. Dann stand sie auf und nickte Martine und Joey zu. »Es hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen.«
An der Tür holte Adam sie ein. »Entschuldige, dass ich heute früh ohne Abschied verschwunden bin.«
»Du musst dich nicht bei mir abmelden.«
Er schaute sie gekränkt an, und die Intensität seines Blickes machte sie beinahe schwindlig. »Ich hätte nicht gedacht, dass du eine Frau bist, die Spielchen spielt.«
»Hör zu, Adam - die Zeit läuft mir davon. Ich muss Leuten ein Haus zeigen und dann nach Dublin zurück.«
»Können wir uns davor noch kurz in Mrs Carrs Haus sehen? Allein?« Wieder dieser intensive Blick. »Na ja - ein paar Minuten werde ich wohl erübrigen können«, antwortete sie hoheitsvoll. Dann schob sie ihre Sonnenbrille ein Stück nach oben und ließ ihn stehen.